Monday, September 07, 2015
Latin and Greek
Heinrich Heine (1797-1856), Ideen: Das Buch Le Grand, chapter 7 (tr. William Stigand):
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Oh, as for Latin, Madam, you can have no idea how complicated it is. The Romans would certainly never have had sufficient spare time for the conquest of the world if they had had first to learn Latin. These fortunate people must have known in their cradles what nouns formed their accusatives in im. I, however, had to learn them by heart in the sweat of my brow. But it is a happy thing for me now that I knew them; since, for example, when I had to hold my moot disputation publicly in Latin, on July 20, 1825, in the Senate House at Göttingen — Madam, it would have done you good to hear it — if I had said sinapem instead of sinapim, my college friends there would most likely have remarked it, which would have been for me an everlasting shame. Vis, buris, sitis, tussis, cucumis, amussis, cannabis, sinapis — these words have made a deal of noise in the world, and therefore I paid them every attention so as to have them at hand, if I should want them in a hurry; and that gives me in many a sorrowful hour of my life much inward calm and consolation. But, Madam, the irregular verbs, verba irregularia, they distinguish themselves from the regular verbs, verbis regularibus, in this — that they are accompanied in the learning with a greater number of floggings, for they are horribly hard. In the gloomy cloisters of the Franciscan convent, close to the school-room, there used to hang a crucifix of grey wood, and on it a desolate figure, which even now haunts me in my dreams and looks at me with fixed, bleeding eyes. Before this figure I used to stand and pray: "O thou poor, once persecuted God, do help me, if possible, to keep the irregular verbs in my head."
Of Greek I will not speak at all; I should vex myself too much. The monks in the middle ages were not so far wrong when they asserted that Greek was an invention of the devil. God alone knows the sorrows I had with it.
Was aber das Lateinische betrifft, so haben Sie gar keine Idee davon, Madame, wie das verwickelt ist. Den Römern würde gewiß nicht Zeit genug übriggeblieben sein, die Welt zu erobern, wenn sie das Latein erst hätten lernen sollen. Diese glücklichen Leute wußten schon in der Wiege, welche Nomina den Akkusativ auf im haben. Ich hingegen mußte sie im Schweiße meines Angesichts auswendig lernen; aber es ist doch immer gut, daß ich sie weiß. Denn hätte ich z. B. den 20sten Juli 1825, als ich öffentlich in der Aula zu Göttingen lateinisch disputierte — Madame, es war der Mühe wert zuzuhören — hätte ich da sinapem statt sinapim gesagt, so würden es vielleicht die anwesenden Füchse gemerkt haben, und das wäre für mich eine ewige Schande gewesen. Vis, buris, sitis, tussis, cucumis, amussis, cannabis, sinapis — Diese Wörter, die soviel Aufsehen in der Welt gemacht haben, bewirkten dieses, indem sie sich zu einer bestimmten Klasse schlugen und dennoch eine Ausnahme blieben; deshalb achte ich sie sehr, und daß ich sie bei der Hand habe, wenn ich sie etwa plötzlich brauchen sollte, das gibt mir in manchen trüben Stunden des Lebens viel innere Beruhigung und Trost. Aber, Madame, die verba irregularia — sie unterscheiden sich von den verbis regularibus dadurch, daß man bei ihnen noch mehr Prügel bekömmt — sie sind gar entsetzlich schwer. In den dumpfen Bogengängen des Franziskanerklosters, unfern der Schulstube, hing damals ein großer, gekreuzigter Christus von grauem Holze, ein wüstes Bild, das noch jetzt zuweilen des Nachts durch meine Träume schreitet, und mich traurig ansieht mit starren, blutigen Augen — vor diesem Bilde stand ich oft und betete: O du armer, ebenfalls gequälter Gott, wenn es dir nur irgend möglich ist, so sieh doch zu, daß ich die verba irregularia im Kopfe behalte.
Vom Griechischen will ich gar nicht sprechen; ich ärgere mich sonst zu viel. Die Mönche im Mittelalter hatten so ganz unrecht nicht, wenn sie behaupteten, daß das Griechische eine Erfindung des Teufels sei. Gott kennt die Leiden, die ich dabei ausgestanden.