Thursday, December 12, 2019
An Imaginary World
Arthur Schopenhauer (1788-1860), The World as Will and Representation, Vol. I, § 58 (tr. E.F.J. Payne):
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Now however much great and small worries fill up human life, and keep it in constant agitation and restlessness, they are unable to mask life's inadequacy to satisfy the spirit; they cannot conceal the emptiness and superficiality of existence, or exclude boredom which is always ready to fill up every pause granted by care. The result of this is that the human mind, still not content with the cares, anxieties, and preoccupations laid upon it by the actual world, creates for itself an imaginary world in the shape of a thousand different superstitions. Then it sets itself to work with this in all kinds of ways, and wastes time and strength on it, as soon as the real world is willing to grant it the peace and quiet to which it is not in the least responsive. Hence this is at bottom most often the case with those peoples for whom life is made easy by the mildness of the climate and of the soil, above all the Hindus, then the Greeks and Romans, and later the Italians, Spaniards, and others. Man creates for himself in his own image demons, gods, and saints; then to these must be incessantly offered sacrifices, prayers, temple decorations, vows and their fulfilment, pilgrimages, salutations, adornment of images and so on. Their service is everywhere closely interwoven with reality, and indeed obscures it. Every event in life is then accepted as the counter-effect of these beings. Intercourse with them fills up half the time of life, constantly sustains hope, and, by the charm of delusion, often becomes more interesting than intercourse with real beings.
So sehr nun aber auch große und kleine Plagen jedes Menschenleben füllen und in steter Unruhe und Bewegung erhalten, so vermögen sie doch nicht die Unzulänglichkeit des Lebens zur Erfüllung des Geistes, das Leere und Schaale des Daseyns zu verdecken, oder die Langeweile auszuschließen, die immer bereit ist jede Pause zu füllen, welche die Sorge läßt. Daraus ist es entstanden, daß der menschliche Geist, noch nicht zufrieden mit den Sorgen, Bekümmernissen und Beschäftigungen, die ihm die wirkliche Welt auflegt, sich in der Gestalt voll tausend verschiedenen Superstitionen noch eine imaginäre Welt schafft, mit dieser sich dann auf alle Weise zu thun macht und Zeit und Kräfte an ihr verschwendet, sobald die wirkliche ihm die Ruhe gönnen will, für die er gar nicht empfänglich ist. Dieses ist daher auch ursprünglich am meisten der Fall bei den Völkern, welchen die Milde des Himmelsstriches und Bodens das Leben leicht macht, vor allen bei den Hindus, dann bei den Griechen, Römern, und später bei den Italiänern, Spaniern u. s. w. – Dämonen, Götter und Heilige schafft sich der Mensch nach seinem eigenen Bilde; diesen müssen dann unablässig Opfer, Gebete. Tempelverzierungen, Gelübde und deren Lösung, Wallfahrten, Begrüßungen, Schmückung der Bilder u. s. w. dargebracht werden. Ihr Dienst verwebt sich überall mit der Wirklichkeit, ja verdunkelt diese: jedes Ereigniß des Lebens wird dann als Gegenwirkung jener Wesen aufgenommen: der Umgang mit ihnen füllt die halbe Zeit des Lebens aus, unterhält beständig die Hoffnung und wird, durch den Reiz der Täuschung, oft interessanter, als der mit wirklichen Wesen.